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Hochtour Gwächtenhorn Westgrat

Hochtour Gwächtenhorn Westgrat, 7.-8. August 2021

Leiter:

Peter Stähli Ueli Brawand

Teilnehmer: Markus Breitenstein, Rolf Stettler, Ueli Ramseyer, Tobias Schäfer, Katja Dätwyler, Edith Feldmann

7. August und vorher

'Viel zu schlecht für das Hauptziel, aber zu gut um abzusagen'. So lässt sich am Montag meine Beurteilung der Wetterprognose zusammenfassen. Bunt ist die Meinungsvielfalt der konsultierten Wetterdienste, von 'Infanteriewetter' bis 'grand bleu' ist alles dabei. Also sage ich nicht ab, teile den Angemeldeten aber mit, dass es Alternativen gibt im Gebiet, z.B. interessante Mehrseillängenrouten im Klettergarten und dergleichen mehr. Für mich denke ich, dass es auch schöne Beizen hat im Haslital, 'läid scheen', wie man hier sagen würde. Am Donnerstag muss entschieden werden, der Chor der Wetterdienste tönt anhaltend vielstimmig. Irgendetwas können wir sicher machen, denke ich und gebe die Details zur Tour durch. Infolge einiger Abmeldungen reduziert sich die Gruppe auf acht Personen.

Es ist Samstag und kurz nach 0900 Uhr sind wir beim Hotel Steingletscher. Dort stellen wir fest, dass das Wetter gar nicht so übel ist. Doch da wir dem Frieden nicht recht trauen beschliessen wir, auf den Klettergarten zu verzichten und nach einem Kaffee direkt zur Hütte aufzusteigen.

Um 1000 Uhr starten wir beim Parkplatz Umpol. Nach knapp 2 Stunden sind wir bei der Hütte. Das Wetter hat sich etwas verdüstert, scheint aber noch zu halten. So hängen wir den Vorder Tierberg an. Trocken und im Speed-Modus erreichen wir den Gipfel; der Schnee auf dem gut eingeschneiten Gletscher ist oberflächlich aufgeweicht, trägt aber gut. Von hier aus können wir auch die Route bis zum Gwächtenhorn Westgrat studieren. Nach einem kurzen Gipfelpicknick schauen wir, dass wir zur Hütte kommen. Es scheint jetzt ernsthaft regnen zu wollen. Bündig bei Regenbeginn sind wir etwas nach 1400 Uhr zurück in der Tierberglihütte.

Nach einer kleinen Stärkung zähle ich mich zu dem Teil der Gruppe, der sich für einen kurzen (2h) Powernap zurückzieht. Über den weiteren Verlauf des Nachmittags kann ich somit nicht berichten, aber offenbar war bei den Aufgebliebenen das Seilaufnehmen ein gewichtiger Teil des Programms.

Nach einem ausgezeichneten Nachtessen und ermutigt durch die etwas besseren Wetterprognosen beschliessen wir, am Sonntag doch das Hauptziel zu versuchen. Ich bereite mich gedanklich auf eine GPS-Tour vor. Aber wer weiss …

8. August

Nach Sommertouren-Massstäben ist unsere Tagwache, 0615 Uhr, sensationell spät. Aber die Zeit arbeitet für uns. Je später nach der Kaltfront, die in der Nacht über uns hinweggerauscht ist, desto besser für uns. Ein erster Blick nach draussen macht keine Freude. Nebel wohin das Auge blickt. Bis ich begreife, dass das die Obergrenze des angekündigten Hochnebels ist. Plötzlich ruft jemand '… ich sehe Berge!' und es ist keine Nachwirkung der am Vorabend genossenen Getränke.

Beim Start um 0730 Uhr sehen wir blauen Himmel, Sonne und einige wenige, unbedeutende Wolkenfetzen. Ich führe die erste Vierergruppe an, Ueli Brawand folgt mit der zweiten Gruppe. Der Zustieg zum Grat führt in einer sehr gut angelegten, festen Spur über den üppig eingeschneiten Gletscher. Nach 1h30' Marschzeit stellen wir um auf Zweierseilschaften und machen eine kurze Pause.

Nun geht es über einen steilen Firnhang hoch zum Grat. Auch hier liegt eine ausgezeichnete Spur, es ist ein Erlebnis wie Treppensteigen am kurzen Seil. Auf dem Felsen hat die Kaltfront ihre Spuren hinterlassen: Eine solide Eisglasur überzieht den ganzen Grat, aber wenigstens kein Neuschnee. Also klettern wir mit Steigeisen. Auch das geht ausgezeichnet. In einfacher, abwechslungsreicher, vergnüglicher und immer gut abzusichernder Kletterei gelangen alle vier Seilschaften ohne Probleme zum Gipfel. Es sind knapp 3 Stunden seit dem Start bei der Hütte vergangen (inkl. Pause). Freudig wird gratuliert, der blaue Himmel und die Sonne lachen mit uns. Auf trockenen Felsen geniessen wir eine ausgiebige Gipfelrast mit dem obligaten Gipfelbestimmen und Gipfelfoto.

Der Abstieg über die Normalroute ist eine kurze Sache. Der Gletscher ist auch hier sehr gut eingeschneit und es trägt schön. So ist ein etwas steilerer, direkterer Abstieg durch die Spaltenzone möglich. Kurz vor Mittag sind wir schon wieder bei der Hütte. Erst hier hat uns der Nebel wieder, der von unten hochdrückt.

Wir widmen uns nun dem Hasli- und anderen 'Chööechen', bevor wir die Hüttenchörbli leeren und den Rucksack für den Abstieg packen. Nach der Verabschiedung vom Hüttenteam, das uns ausgezeichnet bewirtet und beherbergt hat, nehmen wir den Hüttenweg unter die Füsse. Nach einer guten Stunde sind wir unten bei den Autos. Erst beim Verladen beginnt es zaghaft etwas zu regnen.

Kurz vor Innertkirchen machen wir noch einen Dessert- und Trinkhalt beim Gasthof Tännler. Dann verabschieden wir uns vom Haslital und fahren nach Hause.

Schluss

Es hat sich gelohnt, angesichts des Wetterprognosen Varianten zu planen und die Tour nicht abzusagen. Dass die Gratüberschreitung schlussendlich bei derart guten Verhältnissen möglich war, ist aber ein Geschenk. Einen grossen Teil zum Gelingen hat auch der Faktor Mensch beigetragen. Alle Teilnehmenden haben ihre Sache sehr gut gemacht.

Euch allen herzlichen Dank für das motivierte Mitmachen und Ueli Brawand auch für die Führung der zweiten Gruppe. Ihr habt mir einen optimalen Einstand als Sommertourenleiter ermöglicht!

Peter Stähli