Hochtourenwoche 2022

Hochtourenwoche SAC Burgdorf

Teilnehmer: Cornelia und Samuel Zeller, Ueli Brawand, Moritz Jakob, Peter Grogg und Werner Schmid

 

Dieses Jahr war es eine richtige Herausforderung, einen Plan für eine ganze Woche an Hochtouren zu erstellen. Der spärliche Schneefall vom Winter hat schon die Skitouren im Hochgebirge zu einem Spaltenlauf gemacht. Entsprechend gab es überdurchschnittlich viel Spalteneinbrüche.

Nach vielen Hin und Her haben wir uns für das Mischabelgebiet mit Dom, Lenzspitze, Nadelhorn, Ulrichshorn und Balfrin entschieden. So, jetzt aber schön der Reihe nach.

 

11. Juli 2022 Anreise und Aufstieg Domhütte

Autor: Ueli Brawand

Den ersten Tag gingen wir gemütlich an. 8:30 Uhr Treffpunkt in Burgdorf und 9:00 Uhr in Bern. In Visp sind Cornelia und Samuel noch zu uns gestossen und wir genossen die gemütliche Fahrt durchs Mattertal nach Randa, von wo wir den Aufstieg zur Domhütte unter die Füsse nahmen. In gemütlichem Trapp schritten wir dem Weg zur Europahütte folgend Bergan. Die Sonne leistete ganze Arbeit und Schweiss liess nicht lange auf sich warten.

Oberhalb der Europahütte wechselte die Signalisation auf Weiss-Blau-Weiss und der mit Stangen und Leitern bestückte Teil des Weges musste erklommen werden. Nach ziemlich genau 4h30' erreichten wir die Terrasse der Domhütte, wo wir uns zuerst ein kühles Bier genehmigten.

Nun hiess es Zimmer beziehen, noch etwas schlafen und den Rucksack für die Tour auf den Dom bereitstellen. Zum Znacht gab es Spagetti, was unserer geplanten Tour entgegen kam

 

12. Juli 2022, Dom über Festigrat (4'546m)

Autor: Werner Schmid

Hochtouren im Wallis starten meistens am früheren Morgen- so hat uns die Hüttenmannschaft das Frühstück am Vorabend bereitgestellt (würde ich auch so machen).

Um 2:30 Uhr setzten wir uns an den Tisch und füllten unsere Speicher so gut es geht mit Kalorien und Flüssigkeiten auf.

Die ersten Meter waren sehr angenehm zu gehen, auch dank der guten Rekognoszierung von Sämi, unserem Bergführer, am Tag davor. Nach ca. einer Stunde erreichten wir den Festigletscher, den ich ganz anders in Errinerung hatte. Nein, es liegt nicht an meinem Erinnerungsvermögen; in den letzten 20 Jahren hat sich der Gletscher sehr stark verändert. Wie es sich gehört auf einem Gletscher, seilten wir uns in 2er-Seilschaften an. Nach dem trotzdem ebenfalls angenehm zu begehenden Gletscher wechselten wir in den Festigrat. Woher der Name Festi kommt, kann heute niemand mehr nachvollziehen, mit «fest» kann der Grat jedenfalls nicht assoziiert werden. Auf dem Festijoch angekommen ging die Kraxlerei bzw. das Gehen auf Felsen weiter - vor 20 Jahren war da noch Firn. Weiter oben trafen wir dann doch noch Firn oder eher Eis an, das sich wohl bald in Blankeis verwandeln wird. Die Eisschrauben kamen jetzt zum Einsatz: Sämi schraubte sich die Flanke hoch und setzte eine Eisschraube nach der anderen, während Ueli als Seilletzter alles Material wieder einsammelte. Je höher wir kamen, umso mehr spürten wir die Höhe auch (gilt jedenfalls für den Schreibenden), aber so kurz vor dem Ziel wird nicht aufgegeben. Den zweitletzten Aufschwung haben wir durch eine Querung in die Normalroute elegant umgangen. Der letzte Auschwung hat es nämlich noch in sich, es sind zwar schöne Stufen, die aber wie eine «Himmelsleiter» kein Ende nehmen wollen.

Bei schönstem Wetter erreichten wir den Dom-Gipfel, die höchste Erhebung der Schweiz, die kein Grenzberg ist. Nach einer kurzen Rast und dem Geniessen der grandiosen Aussicht machten wir uns auf den langen Abstieg über die Normalroute. Auf dem Hobärggletscher ging es zügig voran, doch zu früh gefreut, weiter unten hatte die Sonne ihres beigetragen und den Schnee aufgeweicht, so dass wir bei jedem Schritt damit rechnen mussten, knietief einzusinken. Im weiten Bogen versuchte Sämi, dem grossen, nicht vertrauenserweckenden Serac auszuweichen. Das Festijoch ist seit meiner letzten Besteigung einiges weiter oben als früher, resp. der Gletscher hat an Masse verloren und der Gegenanstieg wird immer länger. Die Frage stellt sich schon, wie lange solche Gletschertouren überhaupt noch möglich und sicher sind, jedenfalls wird es diesen Sommer wohl früher zu einem Saisonende kommen.

Im Abstieg vom Festijoch befanden sich gebohrte Abseilstellen, die wir teils nutzten. Die letzten Meter waren gleich wie der Aufstieg.

Das Bier / Panaché in der Domhütte genossen wir sehr, auch die Rösti hat gut geschmeckt, vor allem hat uns das Fähnlein auf der Rösti gefreut, mit dem uns das Hüttenteam zur erfolgreichen Dombesteigung beglückwünschte.

Alles in allem eine absolut gelungene Tour - es hat Spass gemacht, mit der flotten Truppe unterwegs zu sein, was will man(n) mehr.

 

13. Juli 2022, Wechsel in die Mischabelhütte

Author: Ueli Brawand

Nach der doch sehr langen Tour vom Vortag auf den Dom sind wir noch am Abend zusammengesessen und haben die Lage analysiert. Die Tour hat unsere Energiereserven doch stark in Mitleidenschaft gezogen und der Serac auf dem Hobärggletscher stellte immer noch ein grösseres Risiko dar, denn für die geplante Tour auf Lenzspitze und Nadelhorn hätten wir darunter durch gehen müssen.

Wir entschieden einen Zwischentag einzulegen und in die Mischabelhütte zu wechseln.

Tagwach war somit erst um 7:00. Ab 7:30 war der Essraum für Frühstück offen, wo wir zusammen mit den anderen Wanderern und Absteigenden uns gemütlich stärken konnten.

In ca. 2.5h haben wir den Abstieg nach Randa geschafft, wo wir recht zeitnah zur nächsten Bahn eintrafen und bis Stalden talauswärts fuhren. In Stalden wechselten wir auf das Postauto, dass uns nach Saas-Fee brachte. Hier stärkten wir uns erst mit einem feinen Mittagessen, bevor wir mit der Hannig-Bahn uns schon mal 500hm in die Höhe tragen liessen. Von dort nahmen wir die restlichen 1'000 hm noch unter die Füsse.

In der Hütte angekommen musste erst ein alkoholfreies Weizenbier als Spender von isotonischen Elementen herhalten. Auf der Terasse genossen wir die letzten Sonnenstrahlen, bevor wir wieder Zimmer bezogen und den Rucksack für die Tour vom nächsten Tag bereitstellten.

 

14. Juli 2022, Lenzspitze (4'293m) - Nadelgrat - Nadelhorn (4'327m)

Autor: Ueli Brawand

Wieder klingelte der Wecker recht früh. Um 2:30 war Frühstück angesagt. Still und in sich gekehrt, genoss jeder Kaffee oder Tee und die Schnitte mit Anken und Confitüre.

3:10 standen wir auf der Terasse bereit, die herrliche Tour anzugehen. Gleich hinter der Hütte ging der steile Pfad in Schlangenlinien hinauf auf das Schwarzhorn, wo wir Steigeisen montierten. Über den gefrorenen Firn folgten wir dem Ausläufer vom Lenzspitz-Ostgrat, bis wir bei Punkt 3814 den Einstieg in den Grat erreichten. Nun galt es anseilen, Steigeisen verstauen und mit klettern loslegen.

Dank der guten Griffe und dem soliden Felsen kamen wir mit den Stirnlampen zügig voran. Immer wieder gab es Stellen, wo es sich staute und wir nur langsam vorankamen. Dank den ausführlichen Erklärungen des Adelbodner Bergführers Manfred konnten wir den Ostgrat zügig dursteigen und erreichten kurz nach 9 Uhr den Gipfel der Lenzspitze. Der Ostgrat und der Gipfel waren in eine Wolke gehüllt und nur zwischendurch zeigte sich etwas Blau mit Sonne.

Nun hiess es, über den Nadelgrat auf das Nadelhorn wechseln. In mehr oder weniger regelmässigen Intervallen stiegen wir auf eine Spitze und seilten uns auf der anderen Seite wieder ab. So ging es mit zunehmendem Sonnenschein immer flotter voran und wir erreichten um 12:45 den Gipfel. Unser Ziel war erreicht und freudig über den schönen Grat liessen wir uns bei etwas Sonnenschein auf dem Gipfel des Nadelhorns nieder und genossen ein ausgiebiges Mittagessen.

Der Abstieg erfolgte über die Firnfelder des Ostgrats. Auch hier ist der Schnee am Schwinden. An vereinzelten Stellen mussten wir mit den Steigeisen über den freigelegten Grat abklettern. Vom Windjoch runter auf den Hohbalmgletscher flossen richtige Bäche unter unseren Steigeisen durch und wir mussten verschiedenen Spalten ausweichen, um sicher auf den flachen Teil des Gletschers zu kommen. Beim Schwarzhorn konnten wir uns wieder der Steigeisen entledigen, uns losseilen und nach einer kurzen Rast haben wir das letzte Stück der Tour zurück in die Mischabelhütte noch unter die Füsse genommen, wo wir um 16 Uhr etwa eintrafen.  Lange Tour, gute Tour! - wie es Peter Stähli zu sagen pflegt.

Erfüllt und zufrieden liessen wir uns auf der Terrasse nieder und haben uns ein Walliser Plättli genehmigt und das Erlebte nochmal Revue passieren lassen.

 

15. Juli 2022, Abstieg nach Saas-Fee und Heimfahrt

Autor: Ueli Brawand

Am Abend zuvor wollten die neuen Zimmergenossen den Fensterladen geschlossen halten, weil sie durch das Tageslicht in ihrem Schlaf gestört wurden. Erst hat Peter Grogg den Laden wieder geöffnet. Dieser wurde alsbald wieder geschlossen. Kurze Zeit später hat Samuel den Laden aufgemacht und den Herren erklärt, dass er offen bleibt. Das hat nun gewirkt und wir konnten die Nacht mit viel frischer Luft verbringen.

Am Morgen standen wir wieder mit den Ausflugstouristen auf und genossen das Frühstück in Ruhe. Heute standen nur der Abstieg und die Heimreise an.

Manfred, der Adelbodner Bergführer, hat uns erklärt, dass der alte Hüttenweg immer noch begehbar ist und deutlich angenehmer als die Kraxlerei über den neuen Weg. Wir folgten seinem Rat und genossen den Abstieg über den ehemaligen Weg zurück nach Hannig, wo wir uns auf der Terasse mit Aprikosenkuchen und verschiedenen Getränken stärkten und die restliche Heimreise antraten.

Bei der Planung der Hochtourenwoche hatten wir andere Vorstellungen, wie diese verlaufen soll. Vielleicht haben wir uns auch zu viel vorgenommen. Die Touren auf den Dom über den Festigrat sowie Lenzspitze, Nadelgrat und Nadelhorn waren unter den gegebenen Bedingungen und unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Teilnehmenden das Beste, was wir aus der Woche machen konnten. Das Wetter war perfekt und wir Teilnehmenden sind glücklich über das Erlebte und zufrieden, ohne Unfall die Woche abschliessen zu können.